JUNGE ERWACHSENE
Vermehrt wird meine Praxis von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufgesucht, die Mühe haben, sich auf die Herausforderungen des Alltags zu fokussieren.
Manche junge Erwachsene wissen nicht wie sie sich in der Vielzahl der Berufsausbildungsmöglichkeiten zurechtfinden sollen. Hinzu kommen neben einer Zunahme an Komplexität der Berufsausbildungen auch politische Ebenen, wie zum Beispiel der Klimawandel, der junge Menschen bei der Berufswahl stark beeinflusst. Keinesfalls wollen sie in Unternehmen arbeiten, die sich hierfür nicht engagieren, geschweige denn sich um Umwelt und menschengerechte Arbeitsbedingungen einen Teufel scheren.
Einige junge Menschen sehen sich als Sonderlinge, der oder die sich von Gleichaltrigen schon immer unterschieden hat. Sie bezeichnen sich selbst als „verpeilt“ und beklagen Probleme im Umgang mit anderen. Oft gab es in der Vergangenheit Erfahrungen mit Mobbing. Sie beschreiben sich als im sozialen Kontakt verunsichert und mit anderen irgendwie nicht kompatibel. Sie erzählen, dass es ihnen schwer fällt überhaupt einen Anfang zu finden. Wann tue ich was? Was ist wichtig? Ist nicht alles gleichermaßen wichtig? Woher weiß ich, wann ich was am besten zuerst angehe? Woher wissen nur die anderen immer so schnell was gerade dran ist? Die anderen scheinen zu wissen wer sie sind. Ich weiß es oft nicht. Liebe ich Frauen oder liebe ich Männer? Bin ich eine Frau? Bin ich ein Mann? Was will ich in Zukunft tun?
Es fehlt ihnen oft an einer für sie passenden Struktur, einem Plan, an dem sie selbst erkennen können, was (für sie) wichtig ist. Sie kennen oftmals nur die Beurteilung durch andere, also die Sorte Plan, der andere wissen lässt ob sie es „richtig“ gemacht haben. Viele von ihnen haben einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Sie wirken naiv und weltfremd und sind daher gefährdet von anderen leicht ausgenutzt werden zu können.
Es gibt hierbei junge Menschen mit Zügen des Autismus Spektrums in unterschiedlicher Ausprägung der „Verpeiltheit“ und junge Menschen, die aus Haushalten kommen, in denen mindestens ein Elternteil Asperger Autist ist und die selbst nie eine kindgerechte Struktur und Begleitung in ihrer Entwicklung von Haus aus erfahren haben. Sie verzweifeln nicht selten an der Resonanzlosigkeit ihrer Eltern. Die Eltern wiederum verzweifeln an ihren Kindern, weil sie das Verhalten ihres Kindes als faul und als Trotzreaktion fehl einschätzen. Drohungen und Sanktionen der Eltern führen meist dazu, dass der Adoleszent völlig blockiert und überhaupt nichts mehr tut.
In Japan hat sich als Antwort auf den Leistungsdruck, der in der dortigen Gesellschaft herrscht, das Phänomen der Hikikomori entwickelt.
Hikkikomori sind Jugendliche oder junge Erwachsene, die ein Schattenleben im Elternhaus führen. Sie haben sich aus dem sozialen Leben komplett zurückgezogen und verweigern ihre Teilnahme an der Leistungsgesellschaft.
Sie sprechen nicht mehr und kommen aus ihrem Zimmer nur heraus, wenn die Eltern das Essen vor deren Zimmertüre abgestellt haben und zeigen sich nicht.
In Kyoto wurde vor ein paar Jahren eigens für diese Menschen ein Park eröffnet, der durch freie Angebote versucht diesen Menschen nach Jahren der Isolation wieder einen Sinn im Leben zu eröffnen. Das pädagogische Modell dort erinnert sehr an das Modell der englisches Schule von A.S. Neill Sommerhill zur antiautoritären Erziehung aus den 70er Jahren.